Natur im Kreis Herford
Die Else bei Kirchlengern
Ein Netzwerk von Quellen, Bächen, Teichen und grünen Auen durchzieht den Kreis Herford. Hier finden sich die wichtigsten Schutzgebiete für seltene Tiere und Pflanzen.
Das Leben in Bach und Fluss
Am Anfang eines Fließgewässers steht immer eine Quelle. Quellen entstehen, grob vereinfacht, wenn Niederschläge im Boden versickern. Das Wasser fließt durch durchlässige Schichten, z.B. Sandstein, bis es auf wasserstauende Schichten, z.B. Tonstein, trifft. Dort sammelt es sich und kann später wieder an die Oberfläche treten.
Mit Quellen verbinden viele Menschen das Bild klar sprudelnden Wildwassers über Felsen und Steine. Weitaus weniger spektakulär geht es im Ravensberger Hügelland zu: Sickerquellen sind der häufigste Typ Quelle im Kreis Herford. Das Wasser tritt unauffällig („diffus“) zu Tage und bildet kleine Quellsümpfe, bevor es langsam abfließt. Sickerquellen wurden früher häufig aufgestaut und als Waschplatz, Viehtränke u.ä. genutzt. Viele Quellen sind heute verschüttet, verrohrt oder überbaut. Dabei sind Quellen sehr kleine und sehr empfindliche Lebensräume. Auffällig ist bei Quellen die Wassertemperatur, die das ganze Jahr über wenig schwankt und dabei relativ niedrig ist (6 -10° C). Das führt dazu, dass Pflanzen in Quellen auch im Winter wachsen können und viele Tierarten keine Winterruhe halten müssen.
Der Feuersalamander
Der relativ geringe Sauerstoffgehalt der Quellen und das meist nährstoffarme Wasser bilden zusätzlich wichtige Merkmale des Lebens am Ursprung der Bäche und Flüsse. Speziell angepasst sind die typischen Lebewesen der Quellen an die gleichbleibenden Temperaturbedingungen im Wasser und an die Übergangsbereiche zwischen Wasser- und Landlebensräumen. In einer naturnahen Quelle finden sich deshalb ganz besondere Lebewesen, die nur hier vorkommen können, wie z.B. die Larven des Feuersalamanders.
Bäche - im Ravensberger Hügelland sind sie allgegenwärtig und im wahrsten Sinne des Wortes landschaftsprägend. Als Lebensadern der Landschaft haben sie dem Nebeneinander von Tal und Hügelkuppe die Form gegeben. So sind auch die wertvollen Bereiche für Natur- und Artenschutz in besonderer Weise an das weitverzweigte Netzwerk der Bäche gebunden. Viele Jahrzehnte waren die Fließgewässer im Kreis Herford wie überall mehr oder weniger zu Abwasserkanälen degradiert worden. Die Verschmutzung erreichte in den 1970er Jahren einen derartigen Höhepunkt, dass viele Fischarten ausstarben oder auf kleinste Restbestände zurück gedrängt wurden.
Der Eisvogel
Es ist ein starkes Stück erfolgreicher Umweltschutzarbeit, dass heute viele Gewässerabschnitte wieder in einem guten bis erträglichen Zustand sind. Das gilt in erster Linie für die Wasserqualität und weniger für die Struktur des Gewässers. Hier gilt es noch viel zu tun, damit genügend naturnahe Bereiche in unseren immer noch sehr „aufgeräumten“ Bächen entstehen können und geschützt werden. In den Gewässern im Ravensberger Hügelland finden sich inzwischen wieder erfreulich viele Fischarten und Kleinstlebewesen der Fließgewässer. Von ihnen profitieren Vogelarten wie der bunt-schillernde Eisvogel, den man geradezu als den Wappenvogel des bachreichen Hügellandes bezeichnen könnte.
Durch den großen Aufwand beim Brüten kann ein Paar es schaffen, mehr als 12 Junge in einem Jahr groß zu ziehen (im Schnitt 8-10). Die Nahrung besteht aus kleinen Fischen bzw. Jungfischen größerer Arten, die von Eisvögeln nach einem Sturzflug stoßtauchend erjagt werden. Harte Winter mit vielen Frosttagen können die Anzahl der Brutpaare von ca. 20-30 im Kreis Herford auf nur noch zwei, drei Restreviere absenken. Insofern sind die hohen Jungen-Zahlen auch nötig, weil bis zu 90% und mehr Tiere in einem Winter verhungern können. Durch starken Regen und Hochwässer sind zudem im Winterhalbjahr viele Bäche für den stoßtauchenden Fischjäger im wahrsten Sinne des Wortes undurchsichtig: im braunen Bachwasser muss der Fischfang dann tagelang mehr oder weniger ausfallen. Wie beim Frost reagiert der Eisvogel aufgrund seines geringen Körpergewichtes von 35-40 g sehr empfindlich und kann Ausfälle in seiner Hauptbeute Fisch nicht durch andere Nahrung ausgleichen. Bachbegradigungen machten und machen es dem Eisvogel zusätzlich schwer. Schon vor 40 Jahren unternahm der ehrenamtliche Naturschutz deshalb Anstrengungen zum direkten, praktischen Schutz der Eisvögel im Kreisgebiet und weit darüber hinaus. In schweißtreibender Handarbeit haben Artenschützer aus der Region (Christian Stange aus Spenge, Volker Laske aus Herford, Andreas Helbig(†) aus Enger und Friedhelm Niemeyer aus Bielefeld) seit 1975 an den vielen Bachuferkilometern künstliche Steilwände angelegt, die mit großer Regelmäßigkeit von den kleinen Fischfressern angenommen werden. An größeren Bächen und Flüssen entstehen Steilwände mit Abbruchkanten im Prinzip auf natürliche Weise. Vor allem an den Schlingen und Kurven im naturnahen Gewässerverlauf bricht das Ufer an den so genannten „Prallhängen“ durch die Eigendynamik des Wassers immer wieder ab. Immer noch werden diese natürlichen Brutplätze durch den Menschen mit dem Ziel einer planmäßigen Gewässerunterhaltung zum Schutz vor Überschwemmungen und Landverlust entfernt und ihr Aufkommen verhindert.
Eine Steilwand am Brandbach im NSG Bustedter Wiesen
Er lebt das ganze Jahr am Bach. Im Frühjahr graben die Männchen tiefe Höhlen in steile Abbruchkanten der Bachufer für ihre bis zu drei oder mehr Bruten. Denn der Eisvogel versucht so viel Junge wie möglich zu produzieren, um Verluste besser auffangen zu können. Eine Besonderheit beim Eisvogel sind seine geschachtelten Bruten. Schon früh im Jahr, ab Februar, beginnen die Männchen, ihr Revier durch den Bau einer Bruthöhle attraktiv zu machen und verteidigen den dazu gehörenden Bachabschnitt energisch gegen arteigene Rivalen. Beginnt das Weibchen mit der ersten Brut, kann es sein, dass das Männchen schon einen Platz für die nächste Höhle sucht. Er beginnt mit dem Neubau, während er das brütende Weibchen füttert. Wenn die Jungen ein paar Tage alt sind, wechselt das Weibchen in die zweite Bruthöhle und beginnt die zweite Brut. Diese Schachtelbruten können sich drei-, vier- und sogar fünfmal in einem Jahr wiederholen. Meist benutzen Eisvögel aber die gleiche Höhle aus dem Vorjahr und gute Steilwände werden viele Jahre lang zum Brüten aufgesucht. Im Nest, am Ende der Röhre, herrscht eine sehr seltene Gerechtigkeit: Die bis zu sieben Jungvögel sitzen im Kreis herum und rücken nach Entgegennehmen des Fisches einen weiter, damit das nächste Jungtier dran kommen kann.
Durch den großen Aufwand beim Brüten kann ein Paar es schaffen, mehr als 12 Junge in einem Jahr groß zu ziehen (im Schnitt 8-10). Die Nahrung besteht aus kleinen Fischen bzw. Jungfischen größerer Arten, die von Eisvögeln nach einem Sturzflug stoßtauchend erjagt werden. Harte Winter mit vielen Frosttagen können die Anzahl der Brutpaare von ca. 20-30 im Kreis Herford auf nur noch zwei, drei Restreviere absenken. Insofern sind die hohen Jungen-Zahlen auch nötig, weil bis zu 90% und mehr Tiere in einem Winter verhungern können. Durch starken Regen und Hochwässer sind zudem im Winterhalbjahr viele Bäche für den stoßtauchenden Fischjäger im wahrsten Sinne des Wortes undurchsichtig: im braunen Bachwasser muss der Fischfang dann tagelang mehr oder weniger ausfallen. Wie beim Frost reagiert der Eisvogel aufgrund seines geringen Körpergewichtes von 35-40 g sehr empfindlich und kann Ausfälle in seiner Hauptbeute Fisch nicht durch andere Nahrung ausgleichen. Bachbegradigungen machten und machen es dem Eisvogel zusätzlich schwer. Schon vor 40 Jahren unternahm der ehrenamtliche Naturschutz deshalb Anstrengungen zum direkten, praktischen Schutz der Eisvögel im Kreisgebiet und weit darüber hinaus. In schweißtreibender Handarbeit haben Artenschützer aus der Region (Christian Stange aus Spenge, Volker Laske aus Herford, Andreas Helbig(†) aus Enger und Friedhelm Niemeyer aus Bielefeld) seit 1975 an den vielen Bachuferkilometern künstliche Steilwände angelegt, die mit großer Regelmäßigkeit von den kleinen Fischfressern angenommen werden. An größeren Bächen und Flüssen entstehen Steilwände mit Abbruchkanten im Prinzip auf natürliche Weise. Vor allem an den Schlingen und Kurven im naturnahen Gewässerverlauf bricht das Ufer an den so genannten „Prallhängen“ durch die Eigendynamik des Wassers immer wieder ab. Immer noch werden diese natürlichen Brutplätze durch den Menschen mit dem Ziel einer planmäßigen Gewässerunterhaltung zum Schutz vor Überschwemmungen und Landverlust entfernt und ihr Aufkommen verhindert.
Vielerorts ist die Dynamik der Gewässer trotz aller Naturschutzmaßnahmen durch Bebauung, Eindeichung und Befestigung erheblich eingeschränkt. Der Naturschützer bessert durch die Anlage künstlicher Steilhänge zwar zunächst erfolgversprechend nach, viel wichtiger und langfristig erfolgreicher ist der Versuch, möglichst vielen Abschnitten der Bäche und Flüsse wieder mehr Raum zu geben. Das dennoch auch heute noch wichtige Artenschutzprojekt „Steilwände für den Eisvogel“ wird seit 20 Jahren von der Biologischen Station betreut.
Die Werre bei Herford heute
Die Flüsse Else, Werre, Aa und auch ein kurzer Abschnitt der Weser durchfließen das Ravensberger Hügelland. Sie schaffen eine andere, eine offene Landschaft mit einer ursprünglich weiten Aue mit viel Platz für Überschwemmungen. Die über Jahrhundertausende unbeeinflusste Flussaue der Werre hatte z.B. eine kilometerweite Ausdehnung - in der Breite! Mächtige Sandablagerungen, wie zum Beispiel im Bereich des Blutwiesensees in Löhne, zeugen von den Ablagerungen des Flusses im Laufe der Erdgeschichte. Nach der Rodung auch der gewässernahen Wälder entstanden feuchte und fruchtbare Wiesen, es gab kaum Bebauung und viele alte Bäume standen an den Gewässern. Die Anwohner der Flüsse lebten lange mit den Folgen der Überschwemmungen und erst spät verhalfen bessere Maschinen und Techniken bei der Begradigung und Bändigung der Gewässer. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnten so auch die Flussufer und Überschwemmungsbereiche besser nutzbar gemacht werden. Aus Sumpfland wurde Grünland, dann Acker und später - leider - auch Bauland. Die Lauflänge des jeweiligen Flusses wurde stark verkürzt, die Fließgeschwindigkeit erhöhte sich und der Fluss grub sich tief in das Erdreich ein. Bei ergiebigen Niederschlägen steigt der Flusspegel nun viel rascher an als früher, das Wasser kann - begrenzt durch Dämme und Deiche - nicht mehr in die umgebende Landschaft fließen.
Hochwasser in der Elseaue
Fast jedes Jahr werden trotz - oder eben wegen - der Regulierung tiefer gelegene Flächen überschwemmt, wie z.B. der etwas unglücklich angelegte Parkplatz am Rathaus der Stadt Bünde, der direkt an der Else liegt. Bäche, die in die Flüsse münden, können ihr Wasser nicht abführen, wenn diese bereits randvoll sind. Das Wasser staut sich zurück und verursacht auch weitab des Flusses Überschwemmungen. Ein Bereich für die Rückhaltung von Hochwasser ist die Niederung der Else und Neuen Else westlich von Bünde: Hier entsteht großräumig zusätzlicher Freiraum für den Fluss - zum Nutzen von Mensch und Natur.
Der Steinbeißer
Werre und Else beherbergen einen besonderen kleinen Fisch, den Steinbeißer. Er ist kein Fabelwesen und kein Tier aus einer Satire von Loriot. Der Steinbeißer ist nur wenige (8-10) Zentimeter lang und nimmt im stillen sandig-schlammigen Wasser kleine Steine und Sandkörner ins Maul. Bewuchs und anderes organisches Material, was er darauf findet, behält er im Maul und den Rest spuckt er wieder aus, daher sein Name. Wenn das Wasser in Bächen und Flüssen durch Trockenheit und andere Faktoren zeitweise oder in bestimmten Abschnitten, Nebenarmen etc. zur sauerstoffarmen „Brühe“ werden, dann fühlt sich der Steinbeißer durchaus noch wohl. Er kann bei Sauerstoffarmut mit einem Trick atmen, der sogenannten „akzessorischen Darmatmung“. Dazu schlucken die kleinen Fische an der Wasseroberfläche Luft, aus der im Enddarm die dünne, sehr gut durchblutete Darmwand den Sauerstoff entzieht. Die verbrauchte Luft wird durch den After ausgeschieden. Steinbeißer gehören zur Familie der Schmerlen, sind dämmerungs- und nachtaktiv und graben sich tagsüber in den sandigen Gewässergrund ein, so dass nur Kopf und Schwanz herausschauen. Die kleinen Fische sind besonders geschützt, denn sie benötigen zum Leben sogenannte „Pioniersande“, die nur entstehen, wenn sich sandiger Untergrund regelmäßig umlagert und dadurch frei von Bewuchs und Schlammablagerungen bleibt. In natürlichen oder naturnahen Gewässern entstehen solche Umlagerungen immer wieder neu durch die hydrologische Dynamik.
Das landesweit bedeutende Vorkommen des Steinbeißers in der Else zwischen Bünde und Löhne führte im Jahr 2000 dazu, dass Abschnitte beider Flüsse zwischen Bünde und Löhne als Schutzgebiet von sogar europaweiter Bedeutung ausgewiesen wurden - nur für den kleinen Fisch.
Die Groppe
Ein weiterer, seltener Fisch ist die Groppe, auch Mühlenkoppe genannt. Erkennbar an ihrem dicken Kopf lebt sie in sauberen Bächen und – ähnlich wie der Steinbeißer - gerne direkt am Gewässergrund. Im Jugendstadium lassen sich die Groppen gewässerabwärts treiben, um im Alter zum Ablaichen wieder empor zu wandern. Viele künstliche Hindernisse, Wehre, Abstürze, Verrohrungen u. a. behindern diese Wanderungen und gefährden den Bestand nicht nur der Groppe. Deshalb bemühen sich Naturschützer schon seit vielen Jahren, die Gewässer weitgehend „durchgängig“ zu machen. Dafür werden Wehre und Abstürze beseitigt oder umgangen durch Fischaufstiegshilfen, Verrohrungen geöffnet und vieles mehr (siehe www.weser-werre-else.de).
Der Otter ist zurück...
Ein großer Erfolg für den Naturschutz ist die Rückkehr des Fischotters in den Kreis Herford! Nach seiner Ausrottung in Nordrhein-Westfalen während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnte die Art nur noch ganz selten nachgewiesen werden. In den Jahren 2007-2009 wurde eine kleine Population im Münsterland wiederentdeckt. Später gab es erste Hinweise auf diesen eleganten Wassermarder westlich und östlich des Kreises Herford, 2014 gelang der erste sichere Nachweis in der Else an der niedersächsischen-nordrhein-westfälischen Grenze.
Der Fischotter ist perfekt an das Leben im und am Wasser angepasst. Naturnahe Gewässer mit
abwechslungsreich strukturierten Ufern und reicher Vegetation sind der optimale Lebensraum dieser großen Marderart. Wenn ausreichend Versteckmöglichkeiten im Gebiet vorhanden sind und genügend Nahrung verfügbar, dann nimmt der Otter zuweilen auch begradigte Gewässerläufe an. Fischotter können auf der
Suche nach neuen Revieren größere Strecken über Land zügig zurücklegen. In Gegenden mit viel menschlicher Aktivität sind die Tiere überwiegend nachtaktiv, weshalb sie nur schwer zu beobachten sind. Spuren und Kot des Fischotters sind jedoch charakteristisch und mit etwas Übung leicht zu erkennen.
Solche indirekten Hinweise zeigen Gebiete, in denen sich Fischotter aufhalten, mit hoher Treffsicherheit an. Der neugierige Säuger kann Brücken und Unterführungen nicht gut schwimmend durchqueren, sondern
bevorzugt den Landweg und läuft dabei in Gefahr, überfahren zu werden. Deshalb ist es wichtig, Fachleute zu informieren und auf die Art aufmerksam zu machen. Die Naturschützer im Kreis Herford wollen dem Otter das Leben erleichtern indem sie sich darum kümmern, Brücken und Wehre umzugestalten, damit der Otter an ihnen entlang wandern kann. Uferrandstreifen sollen gekauft oder gepachtet werden, um sie „Otter-gerecht“ umzugestalten.
...und auch der Biber (Nagespuren am Elseufer im Februar 2015)
Fast gleichzeitig mit dem Fischotter, nämlich Anfang 2015, tauchte überraschend eine zweite Säugetierart in der Elseaue auf: der Biber! Seit mehr als hundert Jahren war dieser sehr große Nager und Gestalter der Gewässer durch menschliche Verfolgung ausgerottet worden - nun kommt er wieder!
Europäischer Biber
Sieke und Wiesen: Kuckuckslichtnelke, Brennnessel und Sumpfrohrsänger
Die Kuckucks-Lichtnelke
Viele Sieke enthalten traditionell und durch jahrhundertelange Bewirtschaftung entwickelte feuchte Wiesen. Auf ihnen wachsen besonders viele Arten von Blütenpflanzen und sie unterscheiden sich damit deutlich von den oft sehr artenarmen, intensiv genutzten Wiesen oder gar Ackerflächen. Ein Beispiel ist die sogenannte Sumpfdotterblumen-Wassergreiskraut-Wiese.
Beide Pflanzenarten - Sumpfdotterblume und Wassergreiskraut - sind auf feuchte, erst spät gemähte und wenig gedüngte Standorte angewiesen. Dieser Wiesentyp steht in der Roten Liste der gefährdeten Pflanzengesellschaften in NRW. Daher sind die selten gewordenen Feuchtwiesen besonders geschützt und dürfen nicht geschädigt oder zerstört werden. Besonders schön anzuschauen sind sie im Frühjahr, übersät von den zart-violetten Blüten der Kuckucks-Lichtnelke. Botanisch weniger interessant, aber dafür bei Insekten und Vögeln sehr beliebt, ist die Brennnessel. Überall an Böschungen, Gräben, Bachufern, feuchten Ecken und ähnlichem fühlt sie sich wohl und kann auch große Bestände ausbilden. In diese „Dickichte“ legt bevorzugt das Weibchen des Distelfalters seine Eier. Zur Nahrung der Raupen werden allerdings unbedingt Disteln benötigt, die aber nicht immer zu finden sind. Im Gegensatz zu anderen Faltern ist der Distelfalter eine Art der gänzlich offenen Feldflur, Wälder und Gehölze meidet er völlig.
Der Sumpfrohrsänger
Zwischen den Halmen der Brennnesseln baut sich ein unscheinbarer Vogel sein Nest: der Sumpfrohrsänger. Wie Pfahlbauten sind seine Nester angelegt. Mit fein geflochtenen Halmen verbindet der Sumpfrohrsänger einige Stängel der Brennnessel und baut so sein Nest. Überall wo Brennnesselraine sind, hört man im Mai für nur wenige Wochen seinen merkwürdigen, lang gereihten Gesang, in den er Strophen anderer Singvögel hinein kopiert. Zu sehen bekommt man ihn nur selten, er ist zudem ein typischer Vertreter der „kleinen braunen Vögel“, wie sie von den Vogelkundlern genannt werden. Dazu bewegt er sich meist versteckt zwischen den Halmen und turnt an ihnen herum, was der aufmerksame Beobachter durch die plötzlichen Bewegungen der Halme erkennen kann. In manchen Naturschutzgebieten ist der Sumpfrohrsänger der häufigste Brutvogel (z.B. im NSG Füllenbruch zwischen Herford und Oetinghausen). Als Wirtsvogel für den Kuckuck spielt der Sumpfrohrsänger auch eine wichtige ökologische Rolle.
Bauernwälder, Hecken und Feldgehölze: Hohltaube, Mausohr und Neuntöter
Bruchwald an der Warmenau
Das Ravensberger Hügelland wurde durch den Einfluss des Menschen zu einer waldarmen Region. Dennoch gibt es Wälder, die auch sehr wertvoll sind. Entlang der Bäche und Flüsse finden sich kleine Reste ursprünglicher Au-Wälder, mit vielen Weiden, Erlen und Eschen, die Wasser gut vertragen (die Aue ist der natürliche Überschwemmungsbereich). Das meist weiche Holz dieser Baumarten bildet schnell viele Höhlen aus, die für Vögel, Insekten und Fledermäuse von großem Interesse sind. Diese naturnahen Wälder sind nicht nur im Kreis Herford fast ganz verschwunden. Kleine Relikte finden sich z.B. an der Warmenau, dem Grenzbach zwischen Niedersachsen und NRW. An vielen der kleinen Fließgewässer sind die ursprünglichen Auwälder auf schmale Bereiche mit Erlen und Weiden am unmittelbaren Bachufer reduziert. An den Flüssen Else und Werre sind Auwälder nicht mehr vorhanden, weil die Gewässer wegen ihrer tief eingeschnittenen Sohle keine regelmäßigen Überschwemmung mehr zeigen und deshalb feuchte Niederungen fehlen.
Bauernwald im Habighorster Wiesental bei Bünde
Besonders die überall verstreuten, so genannten kleinen „Bauernwälder“ sind von besonderer Bedeutung und für den Wald im Kreis Herford bezeichnend. Über viele Generationen wurden sie nur sehr extensiv genutzt, vor allem zur Gewinnung von Brenn- und Bauholz für den Eigenbedarf. Vielerorts entstanden so Waldbereiche mit teilweise alten und sehr alten Laubbäumen, Abschnitte mit Niederwald, dazu vielerorts Hohlwege, kleine Feldgehölze und Hecken. Bezeichnend ist auch oft die Lage der kleinen Wälder, die sich an den unwegsameren Ecken der Landschaft, meist in den Quellregionen der Bäche befinden, wo die Hänge steil und die Täler eng sind. Hier waren die Bedingungen immer schon ungünstig, Ackerbau zu betreiben oder Häuser zu bauen.
Vor allem in den alten Bäumen befinden sich viele Höhlen und Nahrungsplätze für Insekten, Vögel und Säugetiere. Die kleine Hohltaube ist hier zu finden. Sie übernimmt als Brutplatz gerne Spechthöhlen, besonders die vom seltenen Schwarzspecht, dessen große Höhlen besonders komfortabel sind. Insgesamt sind zwei Spechtarten im Kreis Herford häufig: Der Grünspecht, der besonders Gärten und Parks besiedelt, wo er am Boden nach Ameisen sucht. Sein auffälliges Gefieder - grüner Körper mit rotem Kopf und vor allem sein schallendes „Gelächter“, das er gerne und weit tragend ausstößt, machen ihn zu einem prominenten Bewohner des Ravensberger Hügellandes.
Der Buntspecht bei der Arbeit
Weniger auffällig, aber im Wald sehr häufig ist der Buntspecht, der vielen Menschen als Besucher am winterlichen Futterplatz bekannt ist. In den wenigen großen, tieferen Wäldern in Herford (Stuckenberg, Reesberg, Schweichelner Wald) und in Vlotho finden sich noch der seltene Mittelspecht (ca. 10 Paare) und der größte Specht, der Schwarzspecht (3-4 Paare). Beide Arten stehen für Altholz, d.h. sie brauchen vor allem für die Anlage ihrer Höhlen ausreichend alte Bäume, Eichen oder Buchen mit mehr als 120 Jahren. Viele dieser Altholzinseln sind in den letzten Jahren mehr und mehr genutzt worden, nicht zuletzt auch wegen der sehr hohen Preise, die Holz inzwischen wieder erzielt. Den Wald nutzen auch ganz bestimmte Singvögel, die nur dort zu finden sind, wie der Waldbaumläufer oder der Waldlaubsänger.
Am Rand der Wälder lebt der im Kreis Herford sehr seltene Baumpieper, den man fast nur in Vlotho findet. Erfassungen von Greifvögeln zeigen, dass der Mäusebussard nicht nur im Wald sondern auch in vielen kleinen Gehölzen brütet. Er jagt Mäuse fast ausschließlich in der freien Landschaft. Der Habicht braucht große Reviere und jagt enorm wendig auch im dichten Wald nach Tauben, Krähen und Singvögeln. Fast unbekannt ist der Wespenbussard, der nur an wenigen Stellen im Kreis brütet. Ganz langsam von Osten her ist der Kolkrabe wieder in die Wälder des Ravensberg Hügellandes eingewandert; inzwischen findet man den großen Rabenvogel auch im Westen des Kreises, nachdem er erst vor wenigen Jahren in Vlotho wieder aufgetaucht war.
Das Oberhaupt aller Beutegreifer hat auch mehr und mehr in den Wäldern der Region Einzug gefunden, nachdem er sich zunächst auf die wenigen Steinbrüche beschränkt hatte: Der Uhu, die größte Eule der Welt, nistet inzwischen sogar in Spenge auf Greifvogelhorsten, die er den Vorbesitzern und Erbauern abgejagt hat. Neben dem häufigen Waldkauz, der auch mitten in den Ortschaften lebt und Gebäude als Brutplatz übernimmt, ist die seltene Waldohreule nur im Wald zu hören.
Das große Mausohr ist die größte mitteleuropäische Fledermausart
Zwischen den Bäumen jagt das Große Mausohr, die größte mitteleuropäische Fledermausart. Als Nahrungsrevier werden besonders altersgemischte Laubwälder mit hohen Bäumen in einer abwechslungsreichen Landschaft bevorzugt. Langsam fliegend fangen die Fledermäuse große Insekten dicht über dem Boden. Die Fortpflanzungsplätze (Wochenstuben) liegen aber meistens in Gebäuden. Im Kreis Herford ist das Dach der Löhner Ulenburg als eine besonders wichtige Wochenstube bekannt.
Die auch im Kreis Herford häufige Form des Hochwaldes gilt als Höhepunkt forstwirtschaftlicher Tradition. Auf großen Flächen mit hohen Bäumen weist dieser Wald meist eine Baumart (Buche oder Fichte) in relativ einheitlichem Alter auf. Der Einschlag, das Ernten der Bäume, erfolgt oft erst nach mehreren Generationen der Waldnutzer. Vor allem in der Zeit nach dem Mittelalter, besonders ab dem 17. Jahrhundert, mussten die Menschen mit anderen Formen der Waldnutzung versuchen, ihren großen Holzbedarf zu decken. Laubbäume wie Hainbuche, Eiche, Linde, Hasel, Ahorn und Erle wurden in kurzen Abständen - alle 10 bis 30 Jahre - geschnitten. Das Holz wurde meist als Brenn- oder auch Bauholz eingesetzt. Es war auch die Grundlage für die Gewinnung von Holzkohle, auch Reiser und Rinde wurden verwertet.
Auf kleinräumigen Abschnitten wurde der Rückschnitt des Stockaustriebes immer wieder durchgeführt und es entwickelte sich der so genannte „Niederwald“ als ein mosaikartiger Lebensraum mit artenreicher Strauchschicht, offenen Flächen und jungen wie älteren Bäumen. Durch die lichtspendende Freistellung entwickelten sich Standorte für viele blühende Pflanzen - wie sonst selten im Wald. Die nun schon seit Jahrzehnten nicht mehr genutzten Niederwaldparzellen wachsen inzwischen immer weiter durch und verlieren nach und nach ihre ökologische Wertigkeit. Man findet sie teilweise noch in Rödinghausen an den Hängen des Wiehengebirges oder in Vlotho-Valdorf.
Feldgehölz im Werretal bei Heford
Viele kleine Wäldchen verdienen die Bezeichnung „Wald“ nicht, man nennt sie deshalb Feldgehölze. Gerade die Kanten der Sieke, die Böschungen zwischen Acker und tiefliegendem Bachtal sind vielerorts mit kleinen Gehölzen bestanden. Sie liegen überall in der Landschaft verstreut und tragen erheblich dazu bei, dass man von einem parkartigen Charakter des Ravensberger Hügellandes sprechen kann. Sie können in einer weitgehend ausgeräumten Landschaft wichtige Verstecke und Lebensraum für Tiere und Pflanzen sein.
Eine Hecke erstreckt sich idealerweise in die freie Landschaft wie „ein Finger an der Hand des Waldes“. Angelegt auf Grundstücksgrenzen oder als Einzäunung des Weideviehs, hatten Hecken auch vielerorts die Funktion, z.B. bei abschüssigem Gelände den Boden festzuhalten. Für viele Lebewesen in der offenen Feldflur sind Hecken wertvolle Rückzugsgebiete, Lebensraum und Wanderstrecke - geschützt vor Feinden, Wind und Wetter.
Eine bemerkenswerte Vogelart mit dem etwas gruseligen Namen „Neuntöter“ steht für den Lebensraum Hecke. Seine Nester baut er in dichte, dornige Sträucher und nutzt die höheren Äste als Ansitzplatz für seine Flugjagden auf größere Insekten. Die wiederum brauchen Hecke und benachbartes Grünland, um Nahrung und Fortpflanzungsmöglichkeiten zu finden. Die gefangene Beute spießt der amselgroße Neuntöter hin und wieder zum Vorrat auf Dornen oder Stacheldraht.
Ackerbau und Viehzucht: Feldlerche, Kornblume und Baumfalke
Bedingt durch die ortstypische landwirtschaftliche Nutzung verfügt die Region über wenig Wald und trotz einem verhältnismäßig hohen Anteil an Bebauung (s. Abbildung, Tortendiagramm) über viel Ackerland mit wenig Wiesen oder Weiden.
Acker ist nicht gleich Acker, es hat sich in der freien Landschaft viel getan. Typische Anbaupflanzen und Anbauweisen sind fast völlig verschwunden. Hafer und andere - schon fast historische - Getreidesorten, wie Dinkel, gibt es kaum noch. Auch Sommergetreide, erst im Frühjahr gepflanzt, wird kaum noch angebaut. Viele Tierarten der offenen Feldflur, wie die Feldlerche, nutzen Sommergetreide mit dem zu Beginn der Brutzeit noch schütteren Untergrund gerne als Brutstandort und auch zur Nahrungssuche. Das heute vorherrschende Wintergetreide ist zur gleichen Zeit oft schon viel zu hoch. Die Halme der modernen Getreidesorten stehen dicht an dicht und sind in der Regel exakt gleich hoch - ein Triumph der modernen Landwirtschaft. Jeder Bauer von früher würde beim Anblick dieser Äcker vor Neid blass werden.
Die Feldlerche
Für Feldlerchen allerdings ist der technische Fortschritt von Nachteil: Sie finden immer weniger Platz zum Brüten und auf den Mais- und Rapsäckern gibt es vor allem für die Aufzucht der Jungvögel nicht genug Nahrung. So ist der Gesang der Feldlerche vielerorts eine Seltenheit geworden und in manchen Kommunen (wie z.B. Hiddenhausen) wird es im Frühjahr schwer, überhaupt noch ein singendes Männchen zu finden. Zugleich sind auch die Begleitpflanzen des Ackerbaus - wie die Kornblume - fast verschwunden: Nur noch an wenigen Stellen überraschen und erfreuen Mohn und Kornblume mit ihren roten und blauen Farbtupfern den Besucher der freien Landschaft.
Zwischen den vielen Feldgehölzen, Bauernwäldern, Äckern und Bachtälern hat sich ein kleiner Greifvogel angesiedelt, der auch vor Bruten in Strommasten nicht halt macht: der seltene Baumfalke. Als Jäger von Schwalben, Mauerseglern und Libellen kommt er erst spät im Frühjahr und besetzt oft alte Krähennester. Als ein typischer Bewohner der Parklandschaft kann man ihn im Kreis Herford mit etwas Glück mit rasanten Flugmanövern seine oft nicht minder schnelle und elegante Beute jagen sehen.
Siedlungen: Zerschneidung und Chance
Die historische Siedlungsform im Ravensberger Hügelland, verursacht durch Markenteilung und Erbrecht, führte dazu, dass es heute überall im Kreisgebiet zerstreute Siedlungen und Bebauung gibt. Im Laufe des 20. Jahrhunderts folgte diesem zunächst dünnen Netz eine große Welle mit neuen Baugebieten, die an die bestehenden Gebäudekomplexe anknüpften. Dabei wurden z.B. Gewerbeflächen auch in aus heutiger Sicht empfindliche Bereiche hinein gebaut. Bedeutende Naturschutzgebiete wie das Füllenbruch, das Enger Bruch oder das Bustedter Holz bekamen direkte Nachbarn aus Beton und Stahl, die heute nicht nur dem Auge weh tun. Erst eine strengere Gesetzgebung und die Ausweisung von großflächigen Landschaftsschutzgebieten bremste eine weitere Zersiedlung ab. Aber auch aktuell entstehen neue Bebauungen - vor allem an den vielen großen Verkehrsadern (z.B. das interkommunale Gewerbegebiet zwischen A30 und B 239).
Da sich fast überall im Kreis kleinere und größere Siedlungen befinden, bestehen für viele Menschen oft nur kurze Wege in die weniger bebauten Außenbereiche. Gerade für den Freizeitradler ergeben sich so oft in großer Nähe zum Wohnort reizvolle Möglichkeiten der Naherholung. Dichte Bebauung und landschaftlich sehr schöne Gebiete liegen in unmittelbarer Nachbarschaft.
Fotos, Zeichnungen, Abbildungen:
- Feuersalamander, Steinbeißer, Eisvogel, Kuckucks-Lichtnelke, Sumpfrohrsänger, Feldlerche:
- Ron Meier
- Steilwand am Brandbach im NSG Bustedter Wiesen, Nagespuren Biber, Buntspecht, Groppe, Bruchwald an der Warmenau, Bauernwald, die Werre bei Herford, die Else bei Kirchlengern, Feldgehölz: Biologische Station Ravensberg (BSHF)
- Werre bei Herford heute: Heinrich Linnert
- Hochwasser in der Elseaue: Carsten Vogt
- Grafiken zur Landnutzung: MUNLV
- Otter: Leo/fokus-natur.de
- Mausohr: Pröhl/fokus-natur.de
- Europäischer Biber: Katja Chaplin
- Eisvogel: Luciano Appolloni